Unter kognitiver Verzerrung oder besser unter automatischen Gedanken, versteht man unbewusste, oft irrationale, negative und dysfunktionale (schädigende) Gedankengänge, welche oft sehr schnell aktiviert werden. Häufig reicht bereits ein Denkfehler aus, um eine negative Sicht auf sich selbst, andere, die Welt oder die Zukunft zu entwickeln. Ein Zusammenspiel zwischen mehreren Verzerrungen verschlechtert und beschleunigt nicht selten diesen Prozess und führt zu einem noch schwereren Entrinnen aus diesem.
Begriffe wie: Jeder, Alle, Nie, Immer, Alles, Entweder…Oder…, Ewig, Muss und Niemand können diese negativen automatischen Denkprozesse sogar noch begünstigen.
Emotionale Beweisführung – Weil ich es fühle, ist es wahr.
Nein! Während dieser Verzerrung nehmen wir unsere eigenen Emotionen als Beweis für
eine Annahme wahr. Beispiel: Ich empfinde Angst beim Zugfahren. Das bedeutet, dass es gefährlich ist.
Besonders beim Gefühl der Angst als „Beweismittel für eine Tatsache“ kommt es nicht selten zu einem aufrechterhaltenden Vermeidungsverhalten, durch welches wir wiederum keine korrigierenden Lernerfahrungen sammeln und unsere Ängste weiter bestehen bleiben können. Besonders Menschen mit Depressionen neigen dazu, übermäßig auf ihr „Bauchgefühl“ zu hören, anstatt Fakten in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Ein Verhalten, welches schnell zu depressiven Abwärtsspiralen führen kann.
Willkürliche Schlussfolgerung
Diese Art des Denkfehlers ist der vorherigen recht ähnlich. Hierbei kommt es zu einer Verknüpfung zwischen zwei Gedanken, welche keinen kausalen Zusammenhang haben. Beispiel: Der Vortrag lief gut, weil ich meinen Glückspulli anhatte. Es kommt zu einer Schlussfolgerung, ohne andere Erklärungsmöglichkeiten mit in Betracht zu ziehen. Durch diesen einseitigen Erklärungsansatz werden die eigenen Fähigkeiten und Leistungen häufig nicht wahrgenommen oder sogar abgewertet. Korrektur: Weil ich mich vorbereitet habe, lief der Vortrag gut.
Dichotomes Denken
Umgangssprachlich auch Schwarz-Weiß-Denken genannt. Dies beschreibt das Denken in absoluten Mustern, bei welchen eine Person zwischen lediglich 2 Optionen oder Kategorien unterteilt und vernachlässigt, dass auch noch andere Entscheidungs- oder Denkoptionen möglich sind. Es wird daher auch vom „Alles-Oder-Nichts-Denken“ sowie vom „Entweder-Oder-Denken“ gesprochen. Besonders im zwischenmenschlichen Kontakt können solche Äußerungen vom Gegenüber schnell als Ultimatum verstanden werden und zu starken Konflikten führen.
Übergeneralisierung oder Pauschalisieren
Aussagen wie: Ich mache alles falsch. Ich werde nirgends einen Job finden. Ich werde immer allein sein. Niemand mag mich…gehören zu der Kategorie der Übergeneralisierung. Aufgrund einer (häufig) einzelnen Erfahrung, Situation oder Problem wird eine allgemeingültige Regel aufgestellt. Besser: Pauschalisierende Begriffe ersetzen durch Spezifizierungen auf Ort, Zeit, Situation oder Person – Ich habe jetzt etwas falsch gemacht. Ich werde hier keinen Job finden. Ich bin aktuell allein. Die 3 Kollegen mögen mich nicht. Eine genaue Beschreibung des aktuellen Zustandes oder Situation führt zu einem niedrigeren Anspannungsniveau und der Option auf Problemlösestrategien.
Mini – Maxi
Das Übertreiben von Ereignissen in eine Richtung und die Untertreibung in eine andere stellen die kognitive Verzerrung der Minimalisierung und Maximalisierung dar. Nicht selten geschieht dies in Bezug auf unseren Erfolg-Misserfolg. Häufig neigen wir dazu, Fehler zu maximalisieren und ihnen eine enorm hohe Bedeutung zuzuschreiben und Erfolge/Leistungen zu minimaliseren und dadurch abzuwerten.
Beispiel: Nur mir konnte dieser Fehler passieren – Jeder andere hätte das auch geschafft.
Allein das Wissen, welcher kognitiven Verzerrung man in einer herausfordernden Situation ausgesetzt ist, lässt einen ruhiger und weniger hilflos fühlen. Ein frühzeitiges Erkennen oder sogar Ausweichen von automatischen Gedanken verhindert oft Krisen, Konflikte und vor allem das Entstehen einer depressiven Abwärtsspirale. Beim Erkennen deiner kognitiven Verzerrungen, welche Bedeutung/Herausforderung sie für dich in deinem Leben spielt und wie sie durchbrochen werden können, kann ich dich gern unterstützen. (Die von mir hier aufgelisteten kognitiven Verzerrungen bilden nur einen Teil der verschiedenen Typen. Je nach psychologischer Schule lassen sich diese erweitern.)
Literaturempfehlung
Dobelli, Rolf (2015). Die Kunst des klaren Denkens. DTV Verlagsgesellschaft, München.
Wenski, Guido (2022). Das kleine Handbuch kognitiver Irrtümer. Springer Verlag. Berlin.
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